12. November 2019 | Allgemein

Aktuelle Entwicklungen im LKW-Kartell

Neben dem Dieselskandal gehört das LKW-Kartell aktuell zu den größten Schadenskomplexen, die die deutschen Gerichte seit Endes des Jahres 2016 beschäftigen. Die Verfahren befinden sich noch überwiegend in der ersten Gerichtsinstanz bei den Landgerichten. Rund 46 Urteile sind bisher ergangen. Keines der bereits erlassenen Urteile hat sich mit der Höhe der möglichen Kartellschäden beschäftigt. Entweder wurden die Klagen der Anspruchsteller abgewiesen, da die Gerichte die Darlegungen der Anspruchsteller zu ihrer Anspruchsinhaberschaft oder zur Darlegung der Betroffenheit vom Kartell für nicht genügend erachteten oder es wurden ihnen dem Grunde nach Ansprüche zuerkannt. Für Grundurteile sind Feststellungen zur Höhe des Schadens nicht erforderlich. Zwar müssen alle Tatbestandsmerkmale der für durchgreifend erachteten Anspruchsgrundlage bejaht werden können, mithin auch der Schaden. Für das Grundurteil ist jedoch eine gewisse Wahrscheinlichkeit zumindest irgendeinen Schadens ausreichend. 

 

Zwei Landgerichte werden dabei besonders mit Klageverfahren im LKW-Kartell beansprucht: Das Landgericht München am Sitz der Kartellteilnehmerin MAN Bus & Truck SE und das Landgericht Stuttgart am Sitz der Kartellteilnehmerin Daimler AG. Das Landgericht München ist dabei auch mit einigen Klagen von Klagevehikeln befasst, die zum Teil Schadensersatzansprüche aus vielen Tausend LKW-Erwerbsvorgängen für betroffene Speditionen und Unternehmen mit LKW-Fuhrpark geltend machen. Das Landgericht Stuttgart sieht sich zahlreichen Einzelklagen gegenüber. Beide Gerichte stehen vor der großen Herausforderung, in vertretbarer Zeit zu Entscheidungen zu gelangen und die Verfahren voranzutreiben. 

 

Dabei gehen beide Gerichte unterschiedliche Wege: Das Landgericht Stuttgart will durch Grundurteile möglichst rasch grundsätzliche und bisher obergerichtlich noch nicht geklärte Rechtsfragen aufgreifen und durch die weiteren Gerichtsinstanzen des Oberlandesgerichts und Bundesgerichtshofs klären lassen, bevor Entscheidungen zur Schadenshöhe gefällt werden sollen. Das Landgericht München strebt dagegen Entscheidungen auch bereits zur Höhe der Kartellschäden an. Dazu erwägt es, gerichtliche Sachverständige zu beauftragen und jedenfalls zunächst allgemein, die Frage zu klären, ob Preisüberhöhungen durch das LKW-Kartell verursacht wurden. 

 

Welcher Ansatz sich als effektiver erweist, bleibt offen. Fakt ist, dass die Verfahren überwiegend wahrscheinlich noch eine erhebliche Zeit in Anspruch nehmen werden. Dabei werden indes grundsätzliche Fragen zum Kartellschadensersatz sukzessive auch durch den Bundesgerichtshof entschieden. Dies wird über das LKW-Kartell hinaus konturieren, wie in Deutschland in Zukunft Kartellschadensersatz realisiert werden kann. Denn eines ist klar: Das LKW-Kartell ist nicht der letzte Kartellschadensersatzkomplex, der zahlreiche Anspruchsteller auf den Plan rufen und Anwälte wie Gerichte gleichermaßen intensiv beschäftigen wird. Dabei wird man sich die Frage stellen müssen, ob neben den mit solchen Schadenskomplexen befassten Anwälten, nicht auch die Gerichte auf Legal Tech zurückgreifen sollten oder gar müssen, um die gerade bei Kartellschadensersatzkomplexen erheblichen Datenmengen zu erfassen und so aufzubereiten, dass Urteile gefällt werden können, ohne den Justizapparat auf Jahre lahmzulegen.   
 

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