04. August 2020 | Allgemein

BGH lässt Rechtsbeschwerde gegen umstrittenes Urteil des OLG Düsseldorf zu

Enge Bestpreisklauseln bleiben auf dem Prüfstand
 

Mit Abstellungsverfügung vom 22. Dezember 2015 hatte das Bundeskartellamt booking.com untersagt, die so genannten „engen Bestpreisklauseln“ gegenüber Hotels in Deutschland zur Anwendung zu bringen. Diese engen Paritätsklauseln untersagen es Hotels, auf den eigenen (online) Vertriebskanälen – und insbesondere auf der eigenen Internet-Seite – günstigere Raten anzubieten, als auf dem Buchungsportal von booking.com. Das Bundeskartellamt sah in diesen engen Bestpreisklauseln eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung. 

Auf die Beschwerde von booking.com hob das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 04.06.2019 (VI Kart 2/16 V) die Abstellungsverfügung des Bundeskartellamts auf. Anders als das Bundeskartellamt, vertraten die Richter die Auffassung, dass die engen Paritätsklauseln letztlich gerechtfertigt seien, um ein angenommenes „Trittbrettfahrerproblem“ zu vermeiden. Das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf war nicht zuletzt deshalb überraschend und umstritten, da das Bundeskartellamt – auf Anordnung des Gerichts! – umfassende Marktrecherchen vorgenommen und gutachterlich aufgearbeitet hatte. Dabei konnte es nachweisen, dass es ein irgendwie geartetes „Trittbrettfahrerproblem“ nicht gibt; denn gerade einmal 1% derjenigen Gäste, die eine Hotelsuche auf einem Buchungsportal beginnen, buchen letztlich direkt bei dem gewählten Hotel. Diese Erkenntnisse schob das Oberlandesgericht indes beiseite und beharrte darauf, dass die engen Bestpreisklauseln eine „notwendige Nebenabrede“ zum Hotelportalvertrag darstellen würden. 

Trotz der Neuartigkeit der streitentscheidenden Rechtsfragen, trotz der internationalen Uneinigkeit bei deren Lösung, und trotz der enormen gesamtwirtschaftlichen Bedeutung auch für andere Branchen, ließ das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht einmal die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zu, und versperrte damit auch gleichzeitig den Weg für eine letztinstanzliche Entscheidung durch den EuGH, durch die EU-weit Rechtsklarheit hätte geschaffen werde können.  

Das Bundeskartellamt gab sich jedoch nicht geschlagen, sondern erhob Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof, wobei zu berücksichtigen ist, dass nur in etwa 5% der Fälle Nichtzulassungsbeschwerden erfolgreich sind. Mit Beschluss vom 14.07.2020 hat der Bundesgerichtshof auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Bundeskartellamts die Rechtsbeschwerde nunmehr zugelassen. Der Fall wird also neu aufgerollt und durch den Bundesgerichtshof bzw. ggf. im Rahmen eines Vorlageverfahrens durch den EuGH abschließend geklärt. Dabei zeichnet sich ab, dass der BGH nicht der Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf folgen wird. Mit deutlichen Worten hat der BGH in seinem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil kritisiert. So heißt es in dem Beschluss des BGHs beispielsweise: 


„Im Hinblick auf die überragende Bedeutung des Wettbewerbsparameters Preis ist die enge Bestpreisklausel qualitativ mit keinem der vom Beschwerdegericht angeführten Beispiele vergleichbar, in denen eine Tatbestandsrestriktion des Kartellverbots und dem Aspekt der notwendigen Nebenabrede bisher im Ausnahmefall für eng begrenzte Fallgruppen anerkannt worden ist.“ 


SGP Rechtsanwälte vertritt den Hotelverband Deutschland (IHA) e.V. als Beigeladene in diesem Verfahren. 
 

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