04. April 2023 | Presse

Bundeskartellamt leitet Verfahren gegen PayPal ein

Das Bundeskartellamt hat ein Verfahren gegen PayPal wegen möglicher Behinderung von Wettbewerbern und Einschränkung des Preiswettbewerbs eingeleitet. Händlern könnte deshalb ein Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Gebühren gegen PayPal zustehen.

 

Bundeskartellamt ermittelt gegen PayPal

Ermittlung: Führender Online-Bezahlservice verlangte über Jahre hinweg kartellrechtswidrig überhöhte Gebühren

Ende Januar 2023 hat das Bundeskartellamt ein Verfahren gegen PayPal (Europe) wegen möglicher Behinderung von Wettbewerbern und Beschränkung des Preiswettbewerbs eingeleitet. Das Verfahren wird auf Grundlage der kartellrechtlichen Verbote des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (Art. 102 AEUV, § 19 GWB) bzw. einer marktmächtigen Stellung (§ 20 GWB) geführt. Daneben prüft das Bundeskartellamt einen Verstoß gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen (Art. 101 AEUV, § 1 GWB). Ein Verstoß von PayPal kann zu überhöhten Gebühren für Online-Verkäufer sowie zu einer Behinderung alternativer Zahlungsmethoden geführt haben.

Der Hintergrund: Online-Verkäufer (z.B. Online-Shops, Reisedienstleister, Hotels, Softwareanbieter) ntrichten je nach verwendeter Zahlungsmethode teils sehr unterschiedliche Entgelte für die Nutzung eines Online-Zahlungsdienstes. Einer der teuersten Online-Zahldienste in Deutschland ist der Marktführer PayPal. Die Gebühr von PayPal beträgt in Deutschland derzeit zwischen 2,5% – 3% des Zahlungsbetrages zzgl. 35 – 40 Cent pro Zahlung. Die Gebühren für andere Online-Zahlungsdienstes sind erheblich geringer. Bei einer Bezahlung mit Kreditkarte fallen den Online-Verkäufern Zahlungsstudien zufolge beispielsweise Gebühren in Höhe von circa 1,5% an. Vor diesem Hintergrund haben Online-Verkäufer ein erhebliches Interesse daran, dass ihre Kunden bei der Vertragsabwicklung eine andere Bezahlmethode als PayPal wählen.

PayPal hat in seinen Nutzungsbedingungen festgelegt, dass die Online-Verkäufer ihre Waren und Dienstleistungen nicht zu niedrigeren Preisen anbieten dürfen, wenn die Kunden für die Bezahlung eine günstigere Zahlungsmethode als PayPal wählen. Hierdurch verhindert PayPal, dass Online-Verkäufer ihren Kunden entsprechende Anreize zur Zahlung mit anderen Bezahlmethoden als PayPal geben. Online-Verkäufern ist es also untersagt, die Kostenersparnisse bei der Verwendung günstigerer Bezahlmethoden mit ihren Kunden zu teilen. Auch dürfen die Vertragspartner von PayPal keine Präferenz für andere Bezahlmethoden als PayPal zum Ausdruck bringen oder zum Beispiel deren Nutzung für die Kunden komfortabler gestalten. Die PayPal-Nutzungsbedingungen beschränken damit gezielt den Preiswettbewerb durch konkurrierende Online-Zahlungsdienste. Leidtragende sind vor allem die Online-Verkäufer.


Bundeskartellamt bleibt seinem Kurs treu: Marktmachtkontrolle von Digitalkonzernen als Verfolgungspriorität

Das Kartellermittlungsverfahren gegen PayPal reiht sich ein in diverse andere Verfahren, die die Wettbewerbshüter bereits gegen andere, marktmächtige Digitalkonzerne geführt haben. So hat das Bundeskartellamt in den vergangenen Jahren u.a. den führenden Hotelbuchungsportalen booking.com und HRS verboten, die so genannten „Bestpreisklauseln“ zu verwenden. 

Nach diesen „Bestpreisklauseln“ war es Hotels untersagt, auf konkurrierenden Buchungsportalen bzw. auf der hoteleigenen Website günstigere Raten anzubieten als auf den Hotelbuchungsportalen. Diese Bestpreisklauseln brachten den Preiswettbewerb zwischen den Online-Hotelbuchungsportalen zum Erliegen. Hotels wurden zudem daran gehindert, ihren eigenen Direktvertrieb angemessen im Wettbewerb zu positionieren. Im Ergebnis hat dies dazu geführt, dass die Hotels über viele Jahre hinweg überhöhte Kosten für ihren Online-Vertrieb zu tragen hatten. „Die fraglichen Verhaltensweisen von PayPal, die Gegenstand der aktuellen kartellbehördlichen Ermittlungen sind, weisen erhebliche Parallelen zu den verbotenen Bestpreisklauseln auf“, erklärt Dr. Volker Soyez, Partner der Kanzlei SGP Schneider Geiwitz und Experte für kartellrechtliche Schadensersatzverfahren. Dr. Soyez hat den Hotelverband Deutschland als Beschwerdeführerin in den Kartellverfahren gegen HRS und Booking.com vertreten. „In beiden Fällen haben Online-Dienstleister ihre Marktmacht als Hebel eingesetzt, um sich über wettbewerbsbeschränkende AGB-Klauseln gegen Preiswettbewerb abzuschirmen und hierdurch übermäßige Renditen zu erzielen.“ Verfahrensausgang zwar grundsätzlich offen – Verbotsverfügung, Bußgeld und Schadensersatz aber insgesamt wahrscheinlich Der Ausgang des Kartellverfahrens gegen PayPal wird maßgeblich davon abhängen, welche Marktmacht das Bundeskartellamt PayPal beimisst. Dies wird wiederum im Wesentlichen durch den Marktanteil von PayPal auf dem relevanten Markt bestimmt. Sollte der Marktanteil von PayPal über 30% liegen, wird die kartellrechtliche Luft dünn für PayPal. Marktstudien, laut derer PayPal in Deutschland der führende Anbieter für Online-Zahlungen ist, weisen in diese Richtung.
 

„Die fraglichen Verhaltensweisen von PayPal, die Gegenstand der aktuellen kartellbehördlichen Ermittlungen sind, weisen erhebliche Parallelen zu den verbotenen Bestpreisklauseln auf“, erklärt Dr. Volker Soyez, Partner der Kanzlei SGP Schneider Geiwitz und Experte für kartellrechtliche Schadensersatzverfahren. Dr. Soyez hat den Hotelverband Deutschland als Beschwerdeführerin in den Kartellverfahren gegen HRS und Booking.com vertreten. „In beiden Fällen haben Online-Dienstleister ihre Marktmacht als Hebel eingesetzt, um sich über wettbewerbsbeschränkende AGB-Klauseln gegen Preiswettbewerb abzuschirmen und hierdurch übermäßige Renditen zu erzielen.“

 

Verfahrensausgang zwar grundsätzlich offen – Verbotsverfügung, Bußgeld und Schadensersatz aber insgesamt wahrscheinlich

Der Ausgang des Kartellverfahrens gegen PayPal wird maßgeblich davon abhängen, welche Marktmacht das Bundeskartellamt PayPal beimisst. Dies wird wiederum im Wesentlichen durch den Marktanteil von PayPal auf dem relevanten Markt bestimmt. Sollte der Marktanteil von PayPal über 30% liegen, wird die kartellrechtliche Luft dünn für PayPal. Marktstudien, laut derer PayPal in Deutschland der führende Anbieter für Online-Zahlungen ist, weisen in diese Richtung.

 

"Sollte das kartellbehördliche Ermittlungsverfahren mit der Feststellung eines Kartellrechtsverstoßes durch PayPal abgeschlossen werden, dann wird PayPal den betroffenen Online-Verkäufern den Schaden ersetzen müssen, ..."

Dr. Soyez, Partner bei SGP Schneider Geiwitz

 

Wenn sich herausstellt, dass PayPal mit seinen Nutzungsbedingungen gegen die kartellrechtlichen Verbote verstößt, dann wird es eine kartellbehördliche Verbotsverfügung geben. Unter Umständen wird sogar ein Bußgeld gegen PayPal verhängt werden. „Sollte das kartellbehördliche Ermittlungsverfahren mit der Feststellung eines Kartellrechtsverstoßes durch PayPal abgeschlossen werden, dann wird PayPal den betroffenen Online-Verkäufern den Schaden ersetzen müssen, den diese als Folge der kartellrechtswidrigen Vertragsklauseln erlitten haben.“ erläutert Dr. Soyez. Im Nachgang zu den Verbotsverfügungen des Bundeskartellamts gegen HRS und Booking.com hat Dr. Soyez eine Gruppe von circa 2000 Hotels bei der Geltendmachung von Schadensersatz- und Erstattungsansprüchen vertreten. Mit HRS konnte bereits 2018 ein außergerichtlicher Vergleich erzielt werden. Gegen Booking.com werden die Ansprüche derzeit vor den Gerichten in Berlin und Amsterdam eingeklagt.

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